museum-digitalrheinland
STRG + Y
de
Deutsches Röntgen-Museum Nachlass Bertha Röntgen [83126]
Bertha Röntgen an Charlotte Baur (20.01.1895), 83126_1 (Deutsches Röntgen-Museum CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Deutsches Röntgen-Museum (CC BY-NC-SA)
1 / 10 Vorheriges<- Nächstes->

Bertha Röntgen an Charlotte Baur (20.01.1895)

Kontakt Zitieren Datenblatt (PDF) Entfernung berechnen Archivversionen Zum Vergleich vormerken Graphenansicht

Beschreibung

Brief von Bertha Röntgen an ihre Freundin Charlotte Baur in München über Glückwünsche zum Hochzeitstag der Röntgens, soziales Leben in Würzburg, Besuch von Konzerten mit der Pflegetochter Josephine Bertha Ludwig, Spiel von W. C. Röntgen und Bertha Röntgen mit ihrer Pflegetochter, quasi-familiäres Verhältnis zwischen Bertha Röntgen und Charlotte Baur, berufliches Erfolge Charlotte Baurs, Gesundheitszustand Bertha Röntgens, Hausarzt Dr. Lindner und seine Empfehlung in den Süden zu Reisen, Familienangelegenheiten der Baurs, Versuch des Verkaufs von Reliefs (von Lotte Baur gestaltet?) in Würzburg, von Bertha Röntgen gelesene Bücher (Böcklin, Lebensbeschreibungen von Gabriele von Bülow und Werner Siemens), Schreibfaulheit W. C. Röntgens, Bericht über die Kurzreise W. C. Röntgens zwischen Weihnachten und Sylvester 1894 ins Engadin (darunter Besuch bei den Besitzern des Weissen Kreuzes in Pontresina, Famile Enderlin und dem Würzburger Professor Julius Tafel, der den Winter aus gesundheitlichen Gründen in Davos verbringen musste), Weihnachtsgeschenk für W. C. Röntgen (Photographiekasten), Tod von Professor Carier.

Material/Technik

Papier, Tinte

Maße

Höhe: 18 cm, Breite: 11,2 cm

Abschrift

Original: Deutsch

83126tranScriptorium TRP document creator: Marcel Michels, M.A.

Würzburg 20. Januar 95. Liebe Lotte! Es ist Son̄tag und augenblicklich ist es still um mich, Willy sitzt an einer Arbeit in seinem Laboratorium und Bertha gieng zur Kirche, so will ich den̄ die Zeit benützen um mit Dir zu plaudern, und Dir herzlich Dank zu sagen von uns Beiden für Deine Glückwünsche zu unserem Hochzeitstag, welchen wir gestern still und zufrieden über das gro- ße Glück, womit uns Gottes Güte beschenkte, feierten. Eigentlich hatten wir auf gestern Abend eine Ein- ladung zu einem Route ange- nom̄en, schrieben aber Abends noch ab, weil wir lieber ge- müthlich zu Hause bleiben woll- ten, als unter Menschen zu ge- hen die uns im großen Ganzen nicht sehr intreßierten. Das ge- sellschaftliche Leben läßt sich dieses Jahr sehr milde an, worüber mein Man̄ sehr froh ist; auch mir war es bis jetzt so recht, obschon ich im allgemeinen nicht ganz für das zurückgezogene Leben bin. Es bringt auch einmal eine angenehme Abwechslung, wen̄ man mit netten Menschen zu-

Soeben lesen wir das Prof. Carier gestorben ist, es thut uns recht leid um ihn, er war bis jetzt so frisch und kräftig.

sam̄en kom̄t und schließlich hat man seinen Bekan̄ten gegen- über auch Verpflichtungen. Ich sehe aus Deinen Briefen stets mit Vergnügen, daß auch Du bekehrt bist und Dich nicht von dem geselligen Leben zurück- ziehst, wie Du es hier so gerne thatest; Du scheinst es nun auch ein- zu sehen, daß man sich gegen- seitig etwas sein muß, selbst- verständlich, Jeder auf seine Art und nach seinem Geschmack. Wir sind diesen Winter noch nie im Theater gewesen, desto eifriger giengen wir in die Concerte. Auch Bertha durfte schon zwei Mal mit, damit sie lernt, gute Museik zu hören. Zu un- serer Freude mach es ihr im̄er einen großen Eindruck und bemerkt man an ihr keine Ermüdung. Die Klavierstunden machen ihr die größte Freude und sie macht sehr gute Fort- schritte. Weniger glänzend sind die Fortschritte in der Schule, dort scheint sie im̄er sehr zer- streut zu sein, worüber es hie und da zu ernstlichen Ermahn- ungen kom̄t. Doch geht sie bis

jetzt als mittelmäßig mit und wir müßen hoffen, daß sich das Intreße mit den Jahren, auch für die Schule steigern möge. Körperlich wird sie groß und stark und der gute Onkel kan̄ sie beim spielen nicht mehr so leicht überwälltigen, wie vor 3 und 4 Jahren. Gott gebe daß sie weiter so ge- deiht, daß wir uns mit unserer Aufgabe befriedigt sein kön̄en und ihr ein gutes Loos zu Theil werden mögen. Doch verzeih, daß ich so ausführ- lich bin, und laß mich wieder zu Dir zurückkehren. Einwenig erstaunt bin war ich ich über den Begin̄ Deines Briefes, daß es Dir nun plötzlich wie- der schwer zu sein scheint, mich Tante Bertha zu nen̄en. Es ist mir nicht verständlich, was nun wieder den Anlaß zu diesen Gefühlen gegeben haben mag, und es thut mir leid zu denken, daß es Dir nicht angenehm ist, mich weiter so zu nen̄en. Also, liebe Lotte ganz nach Deinem Gefühl, es soll mir recht sein, wen̄ es Dich befriedigt.

Deine Versicherungen, daß Du Dich je länger je glücklicher schä- zest in Deiner jetzigen Lebens- stellung und Deinem Wirken erfreut uns Beide sehr, wünschen wir Dir doch von ganzem Her- zen innere Befriedigung und die volle Freude an deiner Ar- beit. Mit großem Intreße folgen wir Deinen Fortschritten und Deinen Erfolgen, möge Dir das Glück doch weiter so günstig bleiben. den 21.ten. Soweit kam ich gestern Morg- gen, Nachmittags gab es keine Ruhe mehr. Es war ein Regen- tag und Bertha durfte sich zwei Kinder einladen zum spielen. Als gute Pflegemutter thue ich dan̄ getraulich mit, man lernt mit den Kindern wieder jung sein. Es wird mir dieß nun so leichter, als mein körper- liches Befinden so viel besser ist als früher; ich habe über nichts zu klagen, als über den störenden Husten, der mich Nachts nicht schlafen läßt.

Den ganzen Winter habe ich den Dr. Lindner dafür; aber bis jetzt hat noch kein Mittel recht gehol- fen und nun hoffen wir Alle daß ein Aufenthalt im Süden das beste Mittel sein wird. Wo wir unsern Aufenthalt nehmen werden ist noch nicht bestim̄t, ich möchte an keinem Ort wo viel Kranke sind, aber einen Ort wo man Spaziergänge und Ausflüge hat, die Abwechsung bieten. Daß Du mir so gute Nachricht über das Befinden Deiner lieben Mutter geben kan̄st, freut mich sehr, möge es doch lange so bleiben. Gewiß tragen die günstigen Nachrichten von Nah und Fern, viel dazu bei, daß sie so munter ist und daß sie hoffnungsvoll in die Zukunft blicken mag. - Sehr leid thut es mir um Dich, daß Du Deine Pläne in Betreff einer Reise nach England nicht ausführen kan̄st, doch wird es Dir später schon gelingen, wen̄ die unter- nehmungslustige Lisel wieder in die Heimat zurückkehrt. Freuen thue ich mich mit Dir, daß Dein Schützling sich Dir so dank-

bar erweißt. Hierbei fällt mir ein, daß es mir doch erwünscht wäre, wen̄ ich den Preis für das kleine Relief erführe, viel- leicht wären hier auch noch ein- ige los zu bringen. Was das Buch von Gabriele von Bulow anbetrifft, so ist es mir unbegreiflich daß ich es Dir an Weihnachten vorigen Jahres nicht mitgetheilt habe, daß ih es bekom̄en habe. Du hast ganz recht, es ist ein herr- liches Buch und ich habe es mit dem größten Intreße schon zwei mal gelesen. Diese Weihnachten habe ich außer Böcklin kein Buch erhalten, doch dieß macht nichts, ich habe noch Manches schön wieder zu lesen. Augenblicklich lese ich die Lebens- beschreibung von Werner Siemens. Du fragst wie es meinem Man̄ geht und ärgerst Dich über ihn, da er Dir nicht schreibt. Liebe Lotte, ich glaube es muß Dir doch bekan̄t sein, daß er so viel wie gar keine Pri- vate Korrespondenz führt, ins

besondere dan̄ gerne seiner Frau überläßt wen̄ es gemeinschaft- liche Bekan̄te sind und er weiß daß ich von Zeit zu zeit ausführ- lich über Alles Bericht erstatte. Wohl hatte er vor, einigen gu- ten Bekan̄ten von Pontresina aus einen Gruß zu senden; doch dazu fand sich keine Zeit, da er nur einen Abend dort ver- weilte und die Familie Enderlin auch etwas von ihm haben wollten. Seine Reise verlief sehr program̄mäig. Den ersten Tag bis Zürich, den zweiten bis Chur, dan̄ nahm er gleich Etrapost (Schlitten) bis Mühlen. Den 3. Tag über den Julier bis Pontresina. Im Engadin war wenig Schnee und die Berge in dichten Nebel ge- hüllt, was für Willy eine Ent- täuschung war. Um so freund- licher war es im weißen Kreuz; die guten E. wußten vor Vergnügen nicht, was sie meinem Man̄ zu liebe thun sollten. Und der Abend verstrich unter gemüthlichem Geplauder. Den nächsten Morgen

fuhr H. Enderlin meinen Man̄ bis Samaden, wo er wieder die Post nahm und über den Julier zu- rück fuhr bis Mühlen. Den näch- sten Tag fuhr er über Landwasser bis Davos, wo er Dr. Taffel be- suchte, der den ganzen Winter dort bleiben muß und dem er eine große Freude berei- tete. Den nächsten Tag fuhr W. bis Basel und traf noch am Silvester-Abend wohl und munter hier ein. So feierten wir zu- sam̄en das Neujahr und waren froh wieder beisam̄en zu sein und daß Alles so gut abgelaufen war. Bei einem Schnee, wie er jetzt im Engadin liegt, wäre er nicht so bald wieder gekom̄en. Doch nun muß auch ich Schluß machen, Willy wird bald kom- men um mich an die Luft zu führen, was zwar heute nicht verlockend, aber doch sehr nütz- lich ist. Beinah hätte ich vergeßen zu erzählen daß der Photographie- kasten meinem Man̄ sehr gut gefällt u. daß ich jetzt sehr da- mit zu frieden bin. Lebe wohl, grüße Alle Deine Lieben herzlich von uns Beiden, sowie auch wir Dich grüßen. Deine Tante Bertha

Literatur

  • Ritzmann, Kurt (2001): Wilhelm Conrad Röntgen und die Schweiz. Ein Beitrag zur Biographie des Entdeckers der nach ihm benannten Strahlen. Remscheid, S. 85f.
Karte
Deutsches Röntgen-Museum

Objekt aus: Deutsches Röntgen-Museum

Remscheid-Lennep, der Geburtsort des Entdeckers der Röntgenstrahlen. Hier führen wir unsere Besucher durch eine spannende Erfahrungs- und...

Das Museum kontaktieren

[Stand der Information: ]

Hinweise zur Nutzung und zum Zitieren

Die Text-Informationen dieser Seite sind für die nicht-kommerzielle Nutzung bei Angabe der Quelle frei verfügbar (Creative Commons Lizenz 3.0, by-nc-sa) Als Quellenangabe nennen Sie bitte neben der Internet-Adresse unbedingt auch den Namen des Museums und den Namen der Textautorin bzw. des Textautors, soweit diese ausdrücklich angegeben sind. Die Rechte für die Abbildungen des Objektes werden unterhalb der großen Ansichten (die über ein Anklicken der kleineren Ansichten erreichbar werden) angezeigt. Sofern dort nichts anderes angegeben ist, gilt für die Nutzung das gerade Gesagte. Auch bei der Verwendung der Bild-Informationen sind unbedingt der Name des Museums und der Name des Fotografen bzw. der Fotografin zu nennen.
Jede Form der kommerziellen Nutzung von Text- oder Bildinformationen bedarf der Rücksprache mit dem Museum.